Die Faszien sind das geheime Netzwerk, das unsere Bewegungen miteinander verknüpft. Sie umhüllen und verbinden Muskeln, Knochen, Organe und Nerven und bilden ein kontinuierliches Geflecht, das stützt, schützt und dafür sorgt, dass die einzelnen körperlichen Strukturen an Ort und Stelle bleiben.
Außerdem spielt dieses besondere Gewebe eine zentrale Rolle für Kraft, Power, Mobilität und allgemeine Leistungsfähigkeit. In diesem Artikel erfährst du, was Faszien eigentlich sind und wieso es sich lohnt, sie zu trainieren und gesund zu halten.
Was sind Faszien?
Es gibt drei Arten von Faszien: oberflächliche, tiefe und viszerale.
- Die oberflächlichen Faszien befinden sich direkt unter der Haut. Sie dienen als Schutzschicht und tragen zur Temperaturregulierung und Speicherung der Energie bei.
- Die tiefen Faszien, auch Rumpffaszien genannt, entsprechen der nächsten Schicht und umhüllen als dichtes, geflechtartiges Gewebe Muskeln und Muskelgruppen, um sie zu stützen und einen reibungslosen Bewegungsablauf zu ermöglichen.
- Die viszeralen Faszien umgeben die inneren Organe, bieten ihnen Schutz und sorgen dafür, dass sie richtig platziert sind und funktionieren.

Dieses vielschichtige System dient als integrierte Struktur, die den Körper zusammenhält und Sicherheit und Koordination gewährleistet, wenn wir uns bewegen.
Aber das ist noch längst nicht alles, was Faszien leisten. Aktuelle wissenschaftliche Erkenntnisse zeigen, wie essenziell Faszien für unterschiedliche körperliche Funktionen sind.
Beispielsweise wissen wir nun, dass Faszien wesentlich an der Propriozeption beteiligt sind, also der Wahrnehmung von Position und Bewegung im dreidimensionalen Raum.1 Spezifische Sinnesrezeptoren im Fasziengewebe tragen zum propriozeptiven Feedback bei und ermöglichen dadurch eine genaue Koordination und Bewegungskontrolle.
Des Weiteren sind Faszien mit verantwortlich für die Empfindung und Verarbeitung von Schmerz. Im Fasziengewebe befinden sich nämlich Schmerzrezeptoren, die sogenannten Nozizeptoren, welche als Reaktion auf Gewebeverletzungen oder -dysfunktionen Schmerzreize übermitteln.
Das ist wichtig, weil es erklärt, dass verklebte oder dysfunktionale Faszien chronische Schmerzen begünstigen können und warum intakte Faszien für Schmerzregulation und Rehabilitation unerlässlich sind.
Zudem helfen Faszien bei der Regulierung des Immunsystems und sorgen für ein ausgewogenes Gleichgewicht im Gewebe. In den Faszien befinden sich nämlich Zellen des Immunsystems, die den Körper ständig überwachen und Gefahren wie Infektionen oder Verletzungen erkennen und bekämpfen.
Außerdem verlaufen auch die Lymphgefäße durch die Faszien, weshalb sich die Immunzellen im Körper bewegen und effizient Stoffwechselabfallstoffe transportieren können.

So beeinflussen die Faszien den Bewegungsapparat
Gesunde, leistungsfähige Faszien ermöglichen eine reibungslose und koordinierte Bewegung im gesamten Körper. Sie fungieren als eine Art dynamische Plattform, dank der bei der Bewegung der Muskeln nur minimale Reibung entsteht.
Intakte Faszien unterstützen eine effiziente Kraftübertragung und sind daher die Grundlage für sportliche Performance und Beweglichkeit. Jedoch können Verletzungen, Entzündungen oder längere Zeit ohne Bewegung verheerend für das Fasziengewebe sein.
Bewegungseinschränkungen, verklebte Faszien und Narbengewebe
Faszien, die auf irgendeine Art und Weise beeinträchtigt sind, können unterschiedliche Probleme der allgemeinen körperlichen Funktion und des Wohlbefindens zur Folge haben.
- Bewegungseinschränkungen: Faszien mit Verklebungen, Narbengewebe oder Verhärtungen können die natürliche Beweglichkeit der Muskeln und Gelenke einschränken.
- Muskuloskelettale Schmerzen: Beschädigte Faszien können die Ursache für Verspannungen und Druck auf Nerven, Muskeln oder andere Weichteile sein, die wiederum lokale oder ausstrahlende Schmerzen verursachen.2
- Schlechte Körperhaltung: Verhärtete oder verklebte Faszien können eine Rolle bei biomechanischen Störungen spielen und sogar die Körperhaltung beeinträchtigen.
- Kompensationsmuster: Wenn in einer Körperregion Probleme mit den Faszien auftreten, kann es sein, dass der Körper dies durch andere Muskeln oder Gewebe ausgleicht, um weiterhin zu funktionieren.
- Störungen der Durchblutung und des Lymphsystems: Faszienverklebungen können Blut- und Lymphgefäße verengen und dadurch die Durchblutung und den Lymphfluss negativ beeinflussen.
- Nervenkompression: Verhärtete oder verklebte Faszien können angrenzende Nerven einengen, was zu einem Taubheitsgefühl, Kribbeln oder stechenden Schmerz entlang der betroffenen Nervenbahnen führen kann.
- Probleme des Verdauungsapparats und der Atemwege: Beeinträchtigungen der Faszien im Bauch- oder Brustbereich können die Funktion des Darms, der Lungen oder des Zwerchfells beeinflussen.
Ein Ungleichgewicht des myofaszialen Systems kann weitreichende Konsequenzen haben. Ist eine Körperregion davon betroffen, können andernorts Kompensationsmuster auftreten. Das Ergebnis: eine Kettenreaktion biomechanischer Störungen.
Dieser „Dominoeffekt” kann durch tägliche Routinen wie z. B. längeres Sitzen ausgelöst werden und macht sich häufig in Form der oben genannten Symptome bemerkbar.
Die Auswirkungen von langem Sitzen auf deine Faszien und was du dagegen tun kannst
Der moderne Alltag ist durch übermäßiges Sitzen geprägt, was tiefgreifende Folgen auf die Faszien und die allgemeine Gesundheit hat.
Langes Sitzen führt zu steifen und verklebten Faszien, insbesondere an Stellen, die dabei langfristig unter Druck stehen, z. B. der untere Rücken und die Hüften.
Dauersitzen hat die Verkürzung der Skelettmuskeln sowie die Verhärtung der Faszien zur Folge, was wiederum Muskelverspannungen und Schmerzen verursacht.3
Eine schlechte Körperhaltung und repetitive Bewegungsmuster beim Sitzen können fasziale Probleme verschlimmern und ein muskuläres Ungleichgewicht begünstigen.

Tipps für gesunde Faszien
Damit deine Faszien langfristig gesund bleiben, ist ein ganzheitlicher Ansatz erforderlich, der verschiedene Lebensstiländerungen und therapeutische Maßnahmen umfasst:
- Regelmäßige physische Aktivität: Bewege dich regelmäßig, um deine Durchblutung zu fördern und steife Faszien vorzubeugen. Halte dich an verschiedene Aktivitäten wie Gehen, Laufen, Schwimmen oder Yoga, um unterschiedliche Muskelgruppen und Bewegungsmuster zu aktivieren.
- Flüssigkeitszufuhr: Ausreichend zu trinken ist der Schlüssel für gesunde und elastische Faszien. Nimm im Laufe des Tages genug Wasser zu dir, um den Flüssigkeitshaushalt deines Gewebes und den Transport von Nährstoffen zwischen den Zellen zu fördern.
- Dehnen und Foam Rolling: Dank Dehnübungen und Foam Rolling löst du Verspannungen und stellst die Mobilität deiner Faszien wieder her. Fokussiere dich auf Stellen, die häufig verspannt oder steif sind, z. B. Hüften, Schultern und unterer Rücken.
Dynamisches Dehnen und Techniken zur selbst durchgeführten Faszienmassage helfen, Schmerzen zu lindern und die Gewebeflexibilität zu verbessern.4 - Massage und Physiotherapie: Bei faszialen Verklebungen und Bewegungseinschränkungen kann eine professionelle Massage oder Physiotherapie Abhilfe schaffen. Methoden wie die Faszienmassage, die Tiefengewebsmassage oder die Triggerpunktmassage können Verklebungen und Narbengewebe lösen, die Beweglichkeit verbessern und Schmerzen lindern.
- Achtsamkeit für Körper und Geist: Übungen wie Yoga und Tai-Chi können das Körperbewusstsein stärken und die Faszien widerstandsfähiger machen. Diese Art von Techniken für Körper und Geist fokussieren sich auf Bewegungsqualität, bewusste Atmung und achtsame Entspannung, was dazu beitragen kann, Belastung und Verspannungen im Fasziensystem zu verringern.
Nochmal in Kürze
Die Faszien sind ein überaus wichtiger Bestandteil der menschlichen Anatomie, der jedoch gerne unterschätzt wird. Sie spielen eine grundlegende Rolle für den Bewegungsapparat und die strukturelle Integrität.
Wenn wir die Bedeutung der Faszien für die Körperfunktion verstehen, sind wir eher dazu in der Lage, Verletzungen vorzubeugen, Muskelschmerzen zu behandeln und die körperliche Leistungsfähigkeit zu verbessern. Indem wir aktiv Maßnahmen für gesunde Faszien ergreifen, entfesseln wir das volle Potenzial unseres Körpers und steigern unser allgemeines Wohlbefinden.
Literatur
[1] Schleip, R., Klingler, W., & Lehmann-Horn, F. (2005). Active fascial contractility: Fascia may be able to contract in a smooth muscle-like manner and thereby influence musculoskeletal dynamics. Medical Hypotheses, 65(2), 273–277. [DOI: 10.1016/j.mehy.2005.01.026]
[2] Stecco, C., Stern, R., Porzionato, A., Macchi, V., Masiero, S., & Stecco, A. (2011). Hyaluronan within fascia in the etiology of myofascial pain. Surgical and Radiologic Anatomy, 33(10), 891–896. [DOI: 10.1007/s00276-011-0833-7]
[3] Langevin, H. M., Fox, J. R., Koptiuch, C., Badger, G. J., Greenan-Naumann, A. C., Bouffard, N. A., & Konofagou, E. E. (2011). Reduced thoracolumbar fascia shear strain in human chronic low back pain. BMC Musculoskeletal Disorders, 12(1), 203. [DOI: 10.1186/1471-2474-12-203]
[4] Standring, S. (Ed.). (2016). Gray's Anatomy: The Anatomical Basis of Clinical Practice (41st ed.). Elsevier.