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Haben Frauen eine bessere Ausdauer als Männer?

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Wenn es ums Training geht sind Männer tendenziell schneller und stärker. Eine Studie von Wissenschaftlern der University of British Columbia ergab jedoch, dass Frauen eine bessere Kondition und muskuläre Ausdauer haben als Männer. In diesem Artikel beleuchtet unsere Gesundheitsexpertin Leanne Edermaniger die Studie, um herauszufinden, warum Frauen bessere Voraussetzungen für Ausdauersportarten haben.

Ablauf der Studie

Die Studie wurde mit neun Frauen und acht Männern durchgeführt. Zunächst absolvierten alle Teilnehmer dynamische Muskelübungen (Calf Raises). Im Anschluss wurde ihr Ermüdungszustand untersucht. Zudem wurde untersucht, ob muskulär bedingte Faktoren, wie Spitzenkraft, Drehmoment und Winkelgeschwindigkeit, mit der Ermüdung zusammenhängen.

Die Studienteilnehmer wiesen ein ähnliches Alter und vergleichbare sportliche Fähigkeiten auf. Als Ausgangswert wurde die Maximum Voluntary Contraction (MVC), zu Deutsch freiwillige maximale Kontraktion, festgelegt. Dafür absolvierte jeder Teilnehmer 3-4 Calf Raises bei freiwilliger maximaler Kontraktion.

Nach Berechnung der MVC aller Probanden wurden diese aufgefordert, 200 Calf Raises bei 30% ihrer MVC, und zwar so schnell und kraftvoll wie möglich, auszuführen. Dabei wurde die Muskelleistung gemessen, indem Spitzenleistung, Explosivkraft und Geschwindigkeitsentwicklung analysiert wurden.

Ergebnisse

Die ersten Ergebnisse zeigten, dass die Frauen im Vergleich zu den Männern eine geringere Muskelkraft, Spitzenkraft und Geschwindigkeit aufwiesen.

Überraschenderweise ergab die Studie aber auch, dass die Frauen weniger ermüdeten als die Männer: Die ermüdungsbedingte Abnahme der Spitzenkraft war bei den Frauen um 15% geringer. Zudem zeigten die Frauen geringere Veränderungen von Kraft und Geschwindigkeit bei Spitzenleistung als ihre männlichen Pendants.

Hintergründe

Die genauen Mechanismen sind bisher nicht bekannt, doch es gibt diverse Faktoren, die dafür verantwortlich sein könnten. Eine Erklärung könnte das Verhältnis der Muskelfasertypen sein. Das Hormon Östrogen könnte Größe, Gewicht sowie die Regenerations- und Kontraktionsfähigkeit von Muskelfasern beeinflussen. Studien ergaben, dass die Ausdauer bei Männern erhöht und bei Frauen reduziert wird, wenn Östrogenrezeptoren gehemmt werden. Zudem könnten die Muskelfasertypen eine Rolle spielen. Es gibt zwei Arten von Muskelfasern: langsam zuckende (Typ I) und schnell zuckende (Typ II):

  • Langsam zuckende Muskelfasern sind effizienter als schnell zuckende, da sie Sauerstoff zu Herstellung der Primärenergiequelle Adenosintriphosphat (ATP) nutzen. Aus diesem Grund sind diese Muskeln ideal für Ausdaueraktivitäten geeignet.
  • Die Kontraktionskraft schnell zuckender Muskelfasern ist um bis zu 20% höher, jedoch sind sie nicht so effizient wie ihre Gegenspieler. Sie eignen sich daher besser für Kurzzeitausdauerbelastungen wie Sprinten.

Frühere Studien haben gezeigt, dass Frauen einen höheren Anteil von Typ-I-Muskelfasern haben und damit ihre Ausdauerfähigkeit höher ist. Im Vergleich haben Männer einen höheren Anteil von schnell zuckenden Muskelfasern und damit eine höhere Ausgangsleistung als Frauen.

Eine andere Erklärung sind Unterschiede zwischen der Physiologie und Anatomie der Geschlechter. So sind Männer beispielsweise im Allgemeinen stärker und schneller als Frauen. Dass Frauen trotzdem weniger anfällig für Ermüdung sind könnte an der Anforderung der Sportart liegen, z. B. der belasteten Muskelgruppe oder der Geschwindigkeit der Kontraktion. Eine andere Studie von 2016 ergab, dass bei Frauen die Ellbogenbeuger bei langsamer Kontraktion sowie die Plantarflexoren weniger ermüden als bei Männern. In anderen Worten: Möglicherweise beeinflussen die Muskelgruppe, die beansprucht wird, und die Geschwindigkeit der Kontraktion die Muskelausdauer von Frauen.

Auch wenn Männer bei Ausdauersportarten wie Marathons schneller sind, ist bei Frauen die Ermüdung danach geringer. Dennoch gibt es auch psychologische Faktoren, die in Betracht gezogen werden müssen. Beispielsweise ergaben Studien von Deaner et al (2016), dass bei Männern die Wahrscheinlichkeit höher ist, dass sie im Laufe eines Marathons langsamer werden. Sie weisen darauf hin, dass dies am Lauftempo liegen könnte: Männer erhöhen ihr Lauftempo deutlich schneller und riskanter, was die Wahrscheinlichkeit erhöht, dass sie im späteren Verlauf langsamer werden.

Im Allgemeinen sind Frauen besser für Ausdauersportarten geeignet und im Anschluss weniger ermüdet, während Männer gerade am Anfang schneller Leistung bringen können und mehr Kraft haben als ihre weiblichen Pendants. Bei den Unterschieden zwischen der männlichen und weiblichen Ausdauerfähigkeit spielen sowohl physiologische als auch anatomische und psychologische Faktoren eine Rolle.

Quellenangaben

  • Dalleck, L, C and Smith, L, E. (2016). Battle of the Sexes: Should Training Guidelines for Men and Women Be the Same?
  • Deaner, R, O et al. (2015). Men Are More Likely Than Women to Slow in the Marathon. Med Sci Sports Exerc: 47(3), pp 607-616.
  • Haizlip, K, M., Harrison, B, C and Leinwang, L, A. (2015). Sex-Based Differences in Skeletal Muscle Kinetics and Fibre-Type Composition. Physiology: 30(1), pp 30-39.
  • Hunter, S, K. (2016). Sex Differences in Fatigability of Dynamic Contractions. Experimental Physiology: 101(2), pp 250-255.
  • Lanning, A et al. (2017). Influence of Sex on Performance Fatigability of the Plantar Flexors Following Repeated Maximal Dynamic Shortening Contractions. Applied Physiology, Nutrition, and Metabolism.